Veröffentlicht am März 12, 2024

Zusammenfassend:

  • Die Umstellung auf Kreislaufwirtschaft ist weniger eine ökologische Pflicht als eine strategische Notwendigkeit zur Sicherung der finanziellen Resilienz Ihres Schweizer KMU.
  • Durch die Implementierung zirkulärer Prinzipien reduzieren Sie die Abhängigkeit von volatilen Rohstoffmärkten und senken Betriebskosten signifikant.
  • Neue Geschäftsmodelle wie „Product-as-a-Service“ schaffen wiederkehrende Einnahmequellen und steigern die Kundenbindung.
  • Die gezielte Aufwertung von Produktionsabfällen und die Verlängerung der Produktlebensdauer generieren zusätzliche Umsätze und stärken den Marktwert des Unternehmens.

Die volatile Preisentwicklung und die zunehmende Knappheit von Rohstoffen stellen für viele Schweizer Unternehmer eine wachsende Bedrohung dar. Jahrelang basierte der Erfolg auf einem linearen Modell: produzieren, verkaufen, entsorgen. Doch in einer Welt begrenzter Ressourcen wird dieses System zum strategischen Risiko. Viele Manager assoziieren den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit primär mit Kosten, komplexen Vorschriften und ökologischen Idealen, die schwer mit der Realität eines KMU-Budgets zu vereinbaren sind.

Die gängige Diskussion dreht sich oft um Recycling und Abfallreduktion, kratzt damit aber nur an der Oberfläche. Diese Ansätze sind zwar wichtig, doch sie verfehlen den Kern der Transformation. Die wahre Chance liegt nicht darin, am Ende der Kette ein wenig aufzuräumen, sondern die gesamte Wertschöpfungsarchitektur von Grund auf neu zu denken. Doch was, wenn die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft nicht nur ein Mittel zur Risikominderung, sondern der direkteste Weg zu höherer Profitabilität und einem zukunftssicheren Marktwert ist? Was, wenn es darum geht, finanzielle Resilienz durch intelligente Ressourcennutzung aufzubauen?

Dieser Artikel bricht mit der Vorstellung, Kreislaufwirtschaft sei ein abstraktes Konzept für Grosskonzerne. Wir präsentieren einen konkreten, auf Schweizer KMU zugeschnittenen Fahrplan, der zeigt, wie Sie Ihr Geschäftsmodell in 18 Monaten transformieren. Der Fokus liegt dabei nicht auf moralischen Appellen, sondern auf messbaren finanziellen Erträgen, strategischen Marktvorteilen und der langfristigen Sicherung Ihres Unternehmens. Wir beweisen, dass die profitabelste Ressource oft diejenige ist, die Sie bereits besitzen.

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Dieser Leitfaden ist strukturiert, um Sie schrittweise von der strategischen Notwendigkeit bis zur praktischen Umsetzung und finanziellen Bewertung zu führen. Das Inhaltsverzeichnis gibt Ihnen einen Überblick über die Etappen Ihrer Transformation.

Warum zirkuläre Geschäftsmodelle die Rohstoffabhängigkeit um 50% reduzieren

Für Schweizer Unternehmen, die stark in globale Lieferketten integriert sind, ist die Abhängigkeit von importierten Rohstoffen eine Achillesferse. Preisschwankungen, geopolitische Spannungen und Lieferengpässe können die Produktionskosten unvorhersehbar in die Höhe treiben und die Marge erodieren. Ein lineares „Take-Make-Waste“-System verschärft dieses Problem, da wertvolle Materialien nach einem kurzen Lebenszyklus unwiederbringlich verloren gehen. Hier setzt die Kreislaufwirtschaft an, indem sie nicht nur Abfall, sondern vor allem das Geschäftsrisiko minimiert. Das Ziel ist der Aufbau einer strategischen Ressourcen-Resilienz.

Ein zirkuläres Modell zielt darauf ab, den Wert von Produkten, Komponenten und Materialien so lange wie möglich zu erhalten. Statt Rohstoffe für jedes neue Produkt „neu“ zu beschaffen, werden sie durch intelligente Designs für Reparatur, Wiederverwendung, Aufarbeitung und schliesslich hochwertiges Recycling im Kreislauf gehalten. Dies entkoppelt das Unternehmenswachstum direkt vom Rohstoffverbrauch. Wenn ein Produkt so konzipiert ist, dass es nach seiner Nutzung zurückkehrt, wird es zu einer eigenen, verlässlichen Materialquelle – unabhängig von externen Märkten.

Die Transformation bedeutet, den Fokus von der reinen Verkaufstransaktion hin zur Maximierung der Nutzungsdauer eines Assets zu verlagern. Ein Unternehmen, das seine Produkte zurücknimmt, um sie zu überholen und erneut in den Markt zu bringen, reduziert seine Nachfrage nach Primärrohstoffen drastisch. Studien zeigen, dass Unternehmen durch die Schliessung von Materialkreisläufen ihre Abhängigkeit von neuen Rohstoffen um bis zu 50% und mehr senken können. Dies führt nicht nur zu direkten Kosteneinsparungen, sondern schafft auch eine weitaus stabilere und kalkulierbarere Grundlage für die zukünftige Geschäftstätigkeit.

Wie Sie Ihr Produktionsmodell in 8 Schritten auf Kreislaufwirtschaft umstellen

Die Transformation hin zu einem zirkulären Produktionsmodell ist kein Sprung ins kalte Wasser, sondern ein strategischer Prozess. Obwohl die Vorteile überzeugen, zeigt die Realität, dass der Weg dorthin für viele Schweizer KMU noch eine Herausforderung darstellt. Eine KOF-Studie belegt, dass erst 27% der Firmen in der Schweiz die Kreislaufwirtschaft strategisch verankert haben. Dies zeigt ein enormes Potenzial für Pioniere. Der folgende 8-Schritte-Plan, basierend auf den Erkenntnissen der Berner Fachhochschule (BFH) und ergänzt um praxiserprobte Aspekte, dient Ihnen als konkreter Fahrplan.

Der Umbau Ihrer Wertschöpfungsarchitektur erfordert ein methodisches Vorgehen. Diese Schritte bauen aufeinander auf und helfen, Komplexität zu reduzieren und gezielte Massnahmen zu ergreifen.

  1. Analyse der Wertschöpfungskette: Identifizieren Sie die kritischen Rohstoffe in Ihrer Produktion und bewerten Sie deren Importabhängigkeit und Preisvolatilität.
  2. Identifikation von Kreislaufpotenzialen: Wo fallen Abfälle an? Welche Produkte könnten langlebiger gestaltet werden? Wo liegen Potenziale für Rücknahmesysteme?
  3. Strategische Partnerschaften aufbauen: Niemand schafft die Transformation allein. Suchen Sie Partner für Logistik, Recycling, Reparatur und Materialaufbereitung.
  4. Produktdesign für Zirkularität optimieren: Entwickeln Sie Produkte, die modular, leicht zu demontieren und zu reparieren sind. Verwenden Sie recycelte oder kreislauffähige Materialien.
  5. Implementierung neuer Geschäftsmodelle: Evaluieren Sie Modelle wie „Product-as-a-Service“, Vermietung oder Rückkaufprogramme, um Produkte im Kreislauf zu halten.
  6. Lokale Wertschöpfungsnetzwerke etablieren: Verkürzen Sie Lieferketten, indem Sie mit lokalen Lieferanten und Partnern zusammenarbeiten, um Materialkreisläufe regional zu schliessen.
  7. Messung und Reporting: Definieren Sie Kennzahlen (KPIs), um den Fortschritt zu messen, z. B. Reduktion des Primärrohstoffverbrauchs, Recyclingquote oder Umsatz aus zirkulären Dienstleistungen.
  8. Kommunikation und Marketing: Machen Sie Ihre zirkulären Bemühungen sichtbar. Nutzen Sie dies als Differenzierungsmerkmal und stärken Sie Ihre Marke als zukunftsorientiertes Unternehmen.

Dieses Vorgehen fokussiert sich auf die gezielte Weiterentwicklung der bestehenden Strukturen. Die Handwerkskunst und Qualität, für die Schweizer Produkte bekannt sind, werden nicht ersetzt, sondern durch Langlebigkeit und Serviceorientierung aufgewertet.

Nahaufnahme von Händen beim Reparieren eines hochwertigen Schweizer Produkts in einer modernen Werkstatt

Glücklicherweise müssen Schweizer KMU diesen Weg nicht ohne Unterstützung gehen. Der Bund und private Initiativen bieten eine Reihe von Förderinstrumenten, die den Einstieg erleichtern. Diese reichen von kostenlosen Potenzialanalysen bis hin zur finanziellen Unterstützung von Innovationsprojekten.

Förderinstrumente für Kreislaufwirtschaft in der Schweiz
Förderprogramm Träger Fokus Max. Förderung
Reffnet Bund Kostenlose Potenzialanalyse Beratung kostenfrei
Innosuisse Bund Innovationsprojekte 50% der Projektkosten
Klimastiftung Schweiz Privat KMU-Klimaprojekte CHF 250’000

Mieten oder Verkaufen: Welches Modell für Elektronikprodukte mit 10-jähriger Lebensdauer

Die Entscheidung zwischen dem traditionellen Verkaufsmodell und einem nutzungsbasierten Ansatz wie „Product-as-a-Service“ (PaaS) ist ein Wendepunkt in der zirkulären Transformation. Insbesondere bei langlebigen Elektronikprodukten verändert dieses Umdenken die gesamte Geschäftslogik. Anstatt ein Produkt einmalig zu verkaufen und den Kundenkontakt zu verlieren, bleibt das Unternehmen Eigentümer des Geräts und verkauft dessen Nutzung. Dies schafft eine völlig neue Wertschöpfungsarchitektur, die auf Langlebigkeit, Service und Kundenbeziehung ausgelegt ist.

Der fundamentale Unterschied liegt im Anreizsystem. Im Verkaufsmodell kann eine kurze Lebensdauer den Absatz fördern. Im Miet- oder Servicemodell ist das Gegenteil der Fall. Hier ist die maximale Lebens- und Nutzungsdauer des Produkts direkt mit der Profitabilität des Anbieters verknüpft. Dieses Prinzip wird von Experten unterstrichen, wie Raphael Fasko und Simone Rieder in „Die Volkswirtschaft“ feststellen:

Wer zum Beispiel ein Produkt vermietet, ist zwingend an dessen Langlebigkeit und Reparierbarkeit interessiert

– Fasko, Raphael; Rieder, Simone, Die Volkswirtschaft

Dieser simple Satz offenbart eine tiefgreifende wirtschaftliche Wahrheit: Das Interesse des Herstellers und des Kunden sind plötzlich deckungsgleich. Beide wollen ein Produkt, das so lange wie möglich einwandfrei funktioniert. Dies führt zu qualitativ hochwertigerem Design, einfacher Wartung und einem starken Fokus auf Reparierbarkeit. Plattformen wie Sharely in Zürich zeigen bereits erfolgreich, wie Mietmodelle für Produkte wie Bohrmaschinen oder Projektoren funktionieren und Ressourcen schonen.

Dieses Modell ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern eröffnet auch eine signifikante finanzielle Kreislaufrendite. Statt eines einmaligen Verkaufserlöses generiert das Unternehmen stabile, wiederkehrende Serviceeinnahmen über die gesamte Lebensdauer des Produkts. Dies verbessert die Planbarkeit und den Cashflow. Der Statusbericht Kreislaufwirtschaft der BFH zeigt, dass dies keine Theorie mehr ist: Bereits 15% der Unternehmen in der Schweiz über 10% ihres Umsatzes mit zirkulären Produkten und Dienstleistungen erzielen. Für Elektronik mit einer potenziellen Lebensdauer von 10 Jahren ist dies ein immenses, noch weitgehend ungenutztes Potenzial.

Die geplante Obsoleszenz, die 60% Ihrer Kunden zum Wechsel bewegt

Geplante Obsoleszenz – die absichtliche Verkürzung der Produktlebensdauer, um Neukäufe zu erzwingen – war lange ein ungeschriebenes Gesetz in vielen Branchen. Doch das Blatt wendet sich. Kunden sind informierter, kritischer und frustrierter denn je über Produkte, die kurz nach der Garantiezeit versagen. Für Unternehmen wird diese Praxis zunehmend zu einem Obsoleszenz als Haftungsrisiko. Eine negative Erfahrung mit einem kurzlebigen Produkt führt nicht nur zum Verlust eines Kunden, sondern schädigt durch Online-Bewertungen und Mundpropaganda die Marke nachhaltig. Die Annahme, dass 60% der Kunden nach einer solchen Erfahrung zur Konkurrenz wechseln, ist eine realistische Prämisse im heutigen Marktumfeld.

Die Abkehr von geplanter Obsoleszenz ist daher keine altruistische Geste, sondern eine überlebenswichtige Geschäftsstrategie. Es geht darum, Vertrauen durch Langlebigkeit und Transparenz aufzubauen. Ein Produkt, das hält, was es verspricht, und das im Bedarfsfall repariert werden kann, wird zum stärksten Marketinginstrument. Es schafft loyale Kunden, die bereit sind, für Qualität zu bezahlen und die Marke weiterzuempfehlen. In einer Kreislaufwirtschaft wird die Langlebigkeit zum Kern des Wertversprechens.

Der aktive Kampf gegen die Wegwerfkultur positioniert ein Unternehmen als verlässlichen Partner. Dies erfordert jedoch ein Umdenken im Produktdesign und in der Servicepolitik. Es geht darum, den Kunden die Kontrolle und die Möglichkeit zur Reparatur zurückzugeben. Die folgenden Massnahmen sind zentrale Bausteine einer solchen Strategie und können als Leitfaden für die praktische Umsetzung dienen.

Ihr Aktionsplan gegen geplante Obsoleszenz

  1. Transparente Kommunikation: Geben Sie die erwartete Lebensdauer Ihrer Produkte und die Bedingungen für deren Erhalt klar an.
  2. Modularer Aufbau: Gestalten Sie Produkte so, dass einzelne Komponenten (z.B. Akkus, Displays) einfach ausgetauscht werden können, ohne das ganze Gerät ersetzen zu müssen.
  3. Garantierte Ersatzteilverfügbarkeit: Sichern Sie die Verfügbarkeit von kritischen Ersatzteilen für einen definierten Zeitraum zu, idealerweise für mindestens 10 Jahre bei langlebigen Gütern.
  4. Öffentliche Reparaturanleitungen: Stellen Sie Anleitungen und Videos zur Verfügung, die es Kunden oder unabhängigen Werkstätten ermöglichen, Reparaturen selbst durchzuführen.
  5. Förderung von Repair Cafés: Kooperieren Sie aktiv mit lokalen Reparaturinitiativen, indem Sie Ersatzteile oder technisches Know-how bereitstellen und so ein Ökosystem der Langlebigkeit unterstützen.

Wie Sie aus Produktionsabfällen 50000 CHF jährliche Zusatzeinnahmen generieren

In einem linearen Wirtschaftsmodell wird Abfall als Kostenfaktor betrachtet – für seine Entsorgung muss bezahlt werden. In einer zirkulären Wertschöpfungsarchitektur wird dieser „Abfall“ neu bewertet: Er ist eine Ressource am falschen Ort. Die Umwandlung von Produktionsresten in eine Einnahmequelle ist eine der greifbarsten Formen der finanziellen Kreislaufrendite. Der Betrag von 50’000 CHF ist dabei keine utopische Zahl, sondern für viele mittelständische Produktionsbetriebe ein realistisches Ziel, das durch die Identifizierung und Vermarktung von Nebenströmen erreicht werden kann.

Das Prinzip dahinter ist die „industrielle Symbiose“. Was für ein Unternehmen Abfall ist, kann für ein anderes ein wertvoller Rohstoff sein. Holzspäne aus einer Schreinerei werden zu Pellets für Heizungen, Metallabschnitte aus der Stanzerei gehen an einen Kunsthandwerker, und selbst CO₂, das bei Fermentationsprozessen entsteht, kann in der Getränkeindustrie oder im Gewächshausanbau genutzt werden. Die makroökonomische Bedeutung von Materialien ist immens; das Bundesamt für Statistik schätzt die Wertschöpfung allein durch den Rohstoffhandel 2024 auf 19,2 Milliarden CHF. Dies unterstreicht den enormen Wert, der in Materialien gebunden ist – ein Wert, der nicht auf der Deponie enden sollte.

Die Herausforderung liegt darin, diese Potenziale zu erkennen und die richtigen Partner zu finden. Dies erfordert eine genaue Analyse der eigenen Prozessabfälle sowie eine aktive Suche nach Abnehmern. Ein herausragendes Schweizer Beispiel zeigt, wie dies selbst im grossen Stil funktioniert.

Fallbeispiel: Werkstadt Zürich (SBB)

Bei der Entwicklung des neuen Stadtquartiers „Werkstadt Zürich“ auf einem alten SBB-Areal wird Kreislaufwirtschaft vorbildlich umgesetzt. Statt historischer Gebäude abzureissen, wird die Substanz erhalten. Mehr noch: Ausgediente Bauteile werden zu neuen Funktionsträgern. Alte Fahrleitungsmasten dienen als Tragkonstruktion in einer Halle, und die Aluminiumplatten von ausrangierten Lichtstelen werden zur Liftverkleidung umgenutzt. Dieses Vorgehen reduziert nicht nur den Bedarf an neuen Baustoffen und die damit verbundenen CO₂-Emissionen massiv, sondern verleiht dem Projekt auch einen einzigartigen Charakter und eine authentische Geschichte.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Perspektive zu wechseln und jeden Ausgangsstrom aus der Produktion nicht als Ende, sondern als potenziellen Anfang für einen neuen Wertschöpfungszyklus zu betrachten. Die visuelle Vielfalt recycelter Materialien zeigt das brachliegende Potenzial.

Makroaufnahme von recycelten Industriematerialien in verschiedenen Texturen und Farben

Wie Sie Ihren ökologischen Fussabdruck in 12 Monaten halbieren, ohne auf Komfort zu verzichten

Die Reduktion des ökologischen Fussabdrucks wird oft mit Verzicht und Komforteinbussen gleichgesetzt. In der Logik der Kreislaufwirtschaft ist jedoch das Gegenteil der Fall. Das Ziel ist nicht, weniger zu tun, sondern die Dinge intelligenter zu tun. Durch die Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch kann ein Unternehmen seine Umweltauswirkungen drastisch senken und gleichzeitig seine Wirtschaftsleistung und die Qualität seiner Produkte und Dienstleistungen steigern. Es geht um Effizienz durch Design, nicht um Reduktion durch Verzicht.

Ein wesentlicher Hebel hierfür ist die Schliessung von Energie- und Materialkreisläufen. Wenn Produkte länger leben, seltener ersetzt werden müssen und aus recycelten Materialien bestehen, sinkt der Energieaufwand für die Rohstoffgewinnung, Verarbeitung und den Transport massiv. Diese Aktivitäten sind für einen Grossteil der industriellen CO₂-Emissionen verantwortlich. Analysen von PwC zeigen, dass durch die konsequente Anwendung von Kreislaufprinzipien bis zu 45% der industriellen CO₂-Emissionen vermieden werden könnten. Dies ist ein gewaltiger Beitrag, der nicht durch Stillstand, sondern durch Innovation erreicht wird.

Dieses Umdenken spiegelt eine tiefere Einsicht wider, die auch in der Schweizer Wirtschaft zunehmend ankommt. Es ist die Erkenntnis, dass langfristiger unternehmerischer Erfolg untrennbar mit der Gesundheit der Ökosysteme verbunden ist, die unsere Ressourcen bereitstellen. Thomas Vellacott, CEO des WWF Schweiz, bringt es auf den den Punkt, wenn er sagt: „Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer verstehen, dass die wirtschaftliche Zukunft ihres Unternehmens davon abhängt, dass es intakte Ökosysteme gibt.“ Diese Verbindung von Ökonomie und Ökologie ist der Kern eines zukunftsfähigen Marktwerts.

In der Praxis bedeutet dies, Energieeffizienz in den Produktionsprozessen zu steigern, Abwärme zu nutzen, auf erneuerbare Energien umzusteigen und Logistikketten zu optimieren. Ein Unternehmen, das sein eigenes Produkt zurücknimmt und aufarbeitet, hat eine viel kürzere und energieeffizientere Lieferkette als eines, das seine Rohstoffe von der anderen Seite der Welt importieren muss. So wird die Reduktion des Fussabdrucks zu einem direkten Resultat einer betriebswirtschaftlich intelligenten Entscheidung.

Warum Minergie-zertifizierte Häuser am Markt 40 Tage schneller einen Käufer finden

Zertifizierungen und Labels sind im Kontext der Kreislaufwirtschaft weit mehr als nur ein Marketing-Gag. Sie sind ein Instrument zur Schaffung von Transparenz und Vertrauen in einem Markt, der zunehmend nach nachweisbar nachhaltigen Lösungen verlangt. Das Beispiel der Minergie-zertifizierten Häuser, die sich signifikant schneller verkaufen, illustriert ein fundamentales Marktprinzip: Nachweisbare Qualität und Zukunftsfähigkeit werden zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Der Käufer eines solchen Hauses investiert nicht nur in vier Wände, sondern auch in niedrigere Energiekosten, höheren Komfort und einen stabileren Wiederverkaufswert.

Dieses Prinzip lässt sich direkt auf Produkte und Dienstleistungen übertragen. In einer unübersichtlichen Landschaft von „grünen“ Versprechen suchen sowohl Privatkunden als auch professionelle Einkäufer nach verlässlichen Orientierungspunkten. Dies gilt insbesondere für den öffentlichen Sektor. Circular Economy Switzerland betont, dass Nachhaltigkeitskriterien zu entscheidenden Vergabekriterien bei öffentlichen Beschaffungen werden. Ein Unternehmen, das seine zirkulären Praktiken durch ein anerkanntes Label belegen kann, hat somit einen direkten Vorteil bei der Vergabe grosser Aufträge. Das Zertifikat wird zum Türöffner.

Für Schweizer KMU gibt es mittlerweile eine Reihe von Möglichkeiten, die eigenen Anstrengungen im Bereich der Kreislaufwirtschaft zu validieren und zu kommunizieren. Die Wahl des richtigen Instruments hängt von der Branche, der Unternehmensgrösse und dem strategischen Ziel ab. Die folgenden Optionen bieten einen guten Überblick über die Schweizer Landschaft:

  • ISO 59004: Bietet einen Rahmen für die Implementierung eines Managementsystems für Kreislaufwirtschaft, geeignet für grössere, prozessorientierte Unternehmen.
  • Cradle to Cradle (C2C): Ein sehr anspruchsvoller Produktstandard, der die vollständige Kreislauffähigkeit von Materialien bewertet. Ideal für Unternehmen, die eine Führungsrolle anstreben.
  • Swiss Triple Impact (STI): Ein von B Lab Schweiz entwickeltes Programm, das KMU hilft, ihre Wirkung zu messen und ihren Beitrag zu den UNO-Nachhaltigkeitszielen (SDGs) zu demonstrieren.
  • Circular Globe Assessment: Ein von der SQS angebotenes Assessment, das als Einstieg dient, um den Reifegrad der Kreislauffähigkeit eines Unternehmens zu bewerten.
  • Digitaler Produktpass: Ein zukünftiges Instrument (von der EU vorangetrieben), das Transparenz über die gesamte Lebensdauer eines Produkts schafft, von den Rohstoffen bis zur Entsorgung.

Das Wichtigste in Kürze

  • Finanzielle Resilienz: Die Umstellung reduziert die Abhängigkeit von volatilen Rohstoffmärkten und senkt die Betriebskosten nachhaltig.
  • Neue Ertragsströme: Modelle wie Vermietung oder die Vermarktung von Nebenprodukten schaffen diversifizierte und wiederkehrende Einnahmen.
  • Gesteigerter Marktwert: Langlebigkeit, Reparierbarkeit und zertifizierte Nachhaltigkeit erhöhen die Kundenloyalität und den Wert des Unternehmens.

Wie Sie mit 40000 CHF Renovation die Energiekosten um 2000 CHF/Jahr senken und den Hauswert um 60000 CHF steigern

Die Transformation zu einem zirkulären Geschäftsmodell ist letztlich eine Investitionsentscheidung. Wie bei jeder strategischen Investition müssen die Kosten dem Nutzen gegenübergestellt werden. Der Titel, der sich auf eine Immobilienrenovation bezieht, illustriert perfekt das Prinzip der finanziellen Kreislaufrendite: Eine gezielte Anfangsinvestition führt zu laufenden Kosteneinsparungen (ROI) und einer Steigerung des Anlagenwerts (Asset Value). Genau dieses Prinzip gilt auch für die Umstellung eines Geschäftsmodells. Die Investition in langlebigere Produkte, effizientere Prozesse und neue Servicemodelle zahlt sich mehrfach aus.

Die anfänglichen Ausgaben für zirkuläre Modelle mögen höher sein als bei einem linearen Ansatz – beispielsweise für hochwertigere Materialien oder den Aufbau einer Rücknahmelogistik. Diese werden jedoch durch signifikant niedrigere Betriebskosten und neue Einnahmequellen überkompensiert. Geringerer Rohstoffbedarf, wegfallende Entsorgungskosten und Einnahmen aus Service- oder Mietmodellen führen zu einer deutlich schnelleren Amortisation und einer höheren Gesamtrentabilität. Der folgende Vergleich, basierend auf einem Modell aus dem FFHS Trendreport, zeigt den Unterschied schwarz auf weiss.

Die Gegenüberstellung macht deutlich, dass das zirkuläre Modell trotz höherer Initialkosten eine schnellere Amortisation und langfristig höhere Erträge durch Serviceeinnahmen ermöglicht, wie eine vergleichende Analyse im FFHS Trendreport 2024 aufzeigt.

ROI-Vergleich lineares vs. zirkuläres Geschäftsmodell
Kriterium Lineares Modell Zirkuläres Modell
Initialinvestition CHF 100’000 CHF 150’000
Jährliche Betriebskosten CHF 50’000 CHF 30’000
Serviceeinnahmen/Jahr CHF 0 CHF 70’000
Amortisationszeit 5 Jahre 3 Jahre

Die Entscheidung für die Kreislaufwirtschaft ist somit eine Entscheidung für einen höheren und sichereren zukunftsfähigen Marktwert. Es ist die Aufgabe und die Chance für vorausschauende Führungskräfte, diesen Weg zu beschreiten. Wie Andrea L. Sablone und Bernhard Frei im FFHS Trendreport 2024 schreiben: „Es ist Sache von Führungskräften, sich an Chancen für ihre Unternehmungen zu wagen und zukunftsweisende Grundsätze der Nachhaltigkeit sowie Aspekte der Kreislaufwirtschaft umzusetzen.“

Beginnen Sie noch heute mit der Transformation. Nutzen Sie die Checklisten und den 8-Schritte-Plan aus diesem Artikel, um eine erste interne Analyse durchzuführen und die grössten Potenziale für Ihr Unternehmen zu identifizieren. Die Umstellung auf ein zirkuläres Modell ist der strategischste Hebel, um Ihr KMU für die wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft zu rüsten und seinen Wert nachhaltig zu steigern.

Geschrieben von Thomas Lüthi, Thomas Lüthi ist KMU-Berater und Unternehmensgründungsspezialist mit 18 Jahren Erfahrung in Geschäftsentwicklung, nachhaltigen Geschäftsmodellen und unternehmerischer Sozialverantwortung. Er unterstützt Gründer und KMU-Inhaber bei Firmengründung, CSR-Implementierung und Kreislaufwirtschaft.